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Verantwortung PolisVision

Bezahlbares Wohnen und mehr Wohneigentum: eine Frage der Gerechtigkeit

Seit 18. Januar 2024 ist Kaweh Mansoori neues Mitglied der Hessischen Landesregierung und dort als Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum zuständig. Zugleich ist er designierter Aufsichtsratsvorsitzender der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW). Die Redaktion der PolisVision hat ihm vier Fragen zu aktuellen Themen gestellt.

PolisVision: Herr Mansoori, die Versorgung der Menschen mit bezahlbarem Wohnraum ist ein zentrales Anliegen der Hessischen Landesregierung. Welche Schwerpunkte werden Sie in der Wohnungspolitik vor allem der sozialen Wohnraumförderung setzen?

Mansoori: Die politischen Ziele von unserer Seite sind bekannt und im Koalitionsvertrag benannt. Bezahlbares Wohnen und mehr Wohneigentum sind für uns eine Frage der Gerechtigkeit. Wir wollen guten und bezahlbaren Wohnraum in allen Teilen unseres Landes ermöglichen und dabei auch Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit und Innovation im Blick behalten.

Der geförderte Wohnungsbau stellt dabei Wohnraum für die Schwächsten der Gesellschaft bereit. Daher wollen wir die Investitionen in den geförderten Wohnungsbau besonders stärken und die Förderrichtlinien, wie bisher, regelmäßig überprüfen und ggf. überarbeiten. Auch den Kauf von Belegungsrechten wollen wir verstärkt nutzen, damit preisgebundene Wohnungen auch nach Ablauf der Bindungsfristen bezahlbar bleiben.

PolisVision: Um den Wohnungsbau anzukurbeln, möchten Sie unter anderem die Allianz für Wohnen weiterentwickeln, Prozesse beschleunigen und Standards überprüfen. Was heißt das konkret?

Mansoori: Bei der Allianz für Wohnen wollen wir den Kreis nicht nur personell erweitern, sondern auch inhaltlich weiterentwickeln und die Zusammenarbeit intensivieren. Dies ist auch mit der Formulierung im Koalitionsvertrag gemeint, dass wir die Allianz für Wohnen zu einem echten Bündnis weiterentwickeln werden. Zunächst wollen wir daher eine Unschärfe in der Struktur beheben: Alle Mitglieder sind bisher Bündnispartner in der Allianz für Wohnen – also keine Allianzpartner. Als Zeichen für unsere Weiterentwicklung wird die Allianz zukünftig „Bündnis für Wohnen in Hessen“ heißen und sich gemeinsam den aktuellen Herausforderungen annehmen.

Mitte April habe ich außerdem eine kleine, schlagkräftige Kommission für „Innovationen im Bau“ ins Leben gerufen. Diese soll Schritt für Schritt verschiedene Themenbereiche beleuchten und pragmatische Lösungen benennen, die wir auf hessischer Ebene umsetzen können. Hierdurch sollen die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau in Hessen optimiert werden. Hierzu möchte ich das bauordnungsrechtliche Regelwerk im Hinblick auf mögliche verfahrensrechtliche Vereinfachungen und materielle Erleichterungen überprüfen. Die Kommission hat den Arbeitsauftrag, übermäßig baukostensteigernde Vorschriften zu identifizieren, innovative Vorschläge für den Bürokratieabbau zu erarbeiten und konkrete Vorschläge zur Anpassung der Hessischen Bauordnung aufzuzeigen. Durch diese Vereinfachungen sollen selbstverständlich auch weitere organisatorische, technische und bauliche Innovationen ermöglicht werden.

Kaweh Mansoori

"Mit dem Bewegen vieler kleiner Stellschrauben wollen wir in Summe den Wohnungsbau voranbringen."

PolisVision: Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Landesbauordnung zu überarbeiten, Baunebenkosten zu senken und Bürokratie abzubauen. Ist der digitale Bauantrag, der sich derzeit in der Einführungsphase befindet, dabei ein erster Schritt? Welche weiteren Maßnahmen sind geplant?

Mansoori: Was die Überarbeitung der Hessischen Bauordnung betrifft, sind wir sehr auf die Vorschläge der Kommission für „Innovationen am Bau“ gespannt. Ein Ziel der Überarbeitung wird aber sicherlich auch die weitere Angleichung an die Muster-Bauordnung sein, in der ja erst im November 2023 beispielsweise die Regeln für den Um- und Ausbau bestehender Gebäude gelockert worden sind.

In der Tat wird auch die vollständige Digitalisierung der Baugenehmigungsverfahren zur Vereinfachung und Verfahrensbeschleunigung beitragen. Im ersten Pilotverfahren konnten in Frankfurt bereits über 200 Anträge für Werbeanlagen digital bearbeitet und beschieden werden. Als erste Kommunen im Vollverfahren sind derzeit die Wissenschaftsstadt Darmstadt und der Rheingau-Taunus-Kreis gemeinsam mit ausgewählten Bauherrschaften und Architekturbüros in der Einführungsphase und haben die ersten elektronisch eingereichten Bauanträge beschieden. Bis Ende 2024 ist ein Anschluss jeder zweiten unteren Bauaufsichtsbehörde in Hessen avisiert, die übrigen werden folgen. Mit dem Bewegen vieler kleiner Stellschrauben wollen wir in Summe den Wohnungsbau voranbringen. In Stadt, Umland und ländlichem Raum, im Bestand und Neubau, zur Miete und im Eigentum.

PolisVision: Ihr Ministerium arbeitet an einem Gesetz, das spekulativen Leerstand verbieten will. Allein in Frankfurt könnte so eine fünfstellige Zahl von Wohneinheiten auf den Markt kommen. Auf andere hessische Großstädte hochgerechnet schlummert hier also großes Potenzial?

Mansoori: Es ist richtig, dass wir aktuell an der Erstellung eines Gesetzentwurfs gegen den spekulativen Leerstand im Geltungsbereich der angespannten Wohnungsmärkte arbeiten. Unser Ziel ist es, den Leerstand von Wohnraum auf maximal sechs Monate zu begrenzen, falls keine umfassende Sanierung durchgeführt wird oder andere schutzwürdige Interessen bestehen. Wir glauben, dass wir so insgesamt eine nicht unerhebliche Zahl an bisher leer stehenden Wohnungen wieder dem allgemeinen Wohnungsmarkt zuführen können.