Expo Real 2024: Zeit der Umbrüche
Mit einem anspruchsvollen Programm präsentierte sich die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt auf der Expo Real in München. Fachthemen mit unterschiedlichen Schwerpunkten wurden mit namhaften Experten diskutiert – darunter Bundesbauministerin Klara Geywitz. Highlights waren erneut die hubitation finals mit kreativen Startups und der traditionelle Hessen-Treff zum Gedankenaustausch.
Spannende Diskussionen, informative Fachgespräche und Vorträge sowie reichlich Gelegenheiten zum Netzwerken warteten am 160 Quadratmeter großen Messestand 440 in Halle C1 auf die Besucher. Wie geht die Branche mit den derzeitigen multiplen Krisen um? Welche Entwicklungen, Innovationen und – vor allem – Lösungen gibt es? Fragen, mit denen sich vier Talkrunden beschäftigten, für die die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) prominente Vertreter aus Politik, Verbänden, Kommunen sowie der Projekt- und Immobilienwirtschaft gewinnen konnte. Eloquent moderiert wurden die Gespräche von Thomas Ranft (Hessischer Rundfunk).
Resilienz und Innenstädte
Der Messemontag startete mit zwei hochkarätig besetzten Fachforen und gehörte ganz den Stadtentwicklern. Mit Bundesbauministerin Klara Geywitz sprachen NHW-Geschäftsführerin Monika Fontaine-Kretschmer und die Oberbürgermeister aus Aachen (Sibylle Keupen), Offenbach (Dr. Felix Schwenke) und Hanau (Claus Kaminsky) über die Zukunftsfähigkeit der Zentren. Schwerpunkt des Gesprächs: Mögliche Herangehensweisen bei der Entwicklung von großen leer stehenden Kaufhaus-Immobilien. Schließlich ist dies nur eine von vielen Herausforderungen, vor der alle drei Kommunen stehen – auch in finanzieller Hinsicht. „Das ist eine Aufgabe, die Städte und Gemeinden ohne eine verlässliche Landes- und Bundesförderung alleine nicht stemmen können“, weiß Geywitz. Für sie ist die Städtebauförderung daher ein zentraler Schlüssel beim Umgestalten dieser ehemaligen Frequenzbringer sowie angrenzender innerstädtischer Flächen.
Dass es angesichts steigender Anforderungen ohne zusätzliche Fördermittel nicht geht, zeigte auch das zweite Panel, das sich mit der resilienten Stadt beschäftigte. Markus Eichberger, Leiter der NHW-Stadtentwicklungsmarke ProjektStadt, diskutierte mit seinen Gästen aus den Rathäusern in Heidelberg (Jürgen Odszuck), Rüsselsheim (Patrick Burghardt), Bad Hersfeld (Anke Hofmann) und Schlüchtern (Matthias Möller) neue Strategien hinsichtlich Ressourcenverbrauch, Klimawandel, demografischer Wandel und sozialer Fragmentierung, denen eine nachhaltige Stadtentwicklung Rechnung tragen muss – jeweils mit gesellschaftlichem, ökologischem und ökonomischem Bezug. „Stadtentwicklung darf man nicht in einzelnen Segmenten sehen, sondern als integriertes Ganzes“, brachte es Eichberger auf den Punkt. „Dazu gehören Mobilität, soziale Resilienz, Zusammenleben, Wohnen, aber natürlich auch Nachhaltigkeit und Klimaanpassung.“ Eine gute Planung spare dabei zwar Geld, dennoch seien Kommunen beim Bewältigen dieser Aufgaben auf Zuschüsse von Bund und Land sowie eine Kontinuität in der Fördermittellandschaft angewiesen.
Wohnungsbau unter Druck
Multiple Krisen mit volatilen Lieferketten, Personal- und Handwerkermangel, hohe Bau- und Finanzierungskosten sowie steigende regulative Anforderungen an den Wohnungsbau – Projektentwickler stehen gerade in Metropolregionen mit hohem Wohnraumbedarf vor immensen Aufgaben. Wer in den bezahlbaren Wohnungsbau investieren möchte, kann derartige Bauvorhaben zurzeit wirtschaftlich kaum noch darstellen. Die Politik steht unter Druck und gibt ehrgeizige Neubauziele vor. Wie aber ist all das zu schaffen? NHW-Geschäftsführer Dr. Constantin Westphal widmete sich in seiner Runde am zweiten Messetag gemeinsam mit dem Frankfurter Planungsdezernenten Prof. Dr. Marcus Gwechenberger, Instone Geschäftsführer Ralf Werner, Verbandsdirektor Dr. Axel Tausendpfund (VdW südwest) und Philipp Zindel, NHW-Leiter Projektentwicklung Süd, einer Bewertung der aktuellen Lage und möglichen Antworten. „Wir kaufen im Moment weniger an und setzen stattdessen verstärkt auf die Innenentwicklung unserer Bestände“, erklärte Westphal. „Hier gibt es noch einiges an Potenzial zu heben, aber es hängt an den Finanzierungen. Wir brauchen Förderprogramme, die wirklich fördern, beispielsweise bei der energetischen Modernisierung.“ Damit der Motor in der Projektentwicklung wieder anläuft, muss Bauen einfacher, pragmatischer und billiger werden – darin waren sich alle Gesprächspartner einig.
DGNB: Dreimal Platin für die NHW
Dass sich bezahlbarer Wohnraum und nachhaltiges Bauen nicht ausschließen, belegt der Waldschulbogen in Frankfurt-Griesheim, den die NHW 2022 fertiggestellt hat. Das Projekt mit insgesamt 63 Wohnungen, 53 davon gefördert, erreicht höchste Standards in Bezug auf Umweltverträglichkeit. Dafür haben die drei Energieeffizienzhäuser am NHW-Messestand in München jetzt jeweils ein DGNB-Zertifikat in Platin erhalten – überreicht von DGNB-Gründungs- und Präsidiumsmitglied Prof. Dr. Alexander Rudolphi. Es ist die höchste Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen und berücksichtigt sechs Hauptkriterien: Ökonomie, Technik, Prozess, Standort, Soziales und Ökologie. Die beiden NHW-Geschäftsführer Monika Fontaine-Kretschmer und Dr. Constantin Westphal nahmen die Urkunden entgegen.
Ohne Subventionen keine Wärmewende
Schon seit einigen Jahren ist der Branchenzusammenschluss Initiative Wohnen.2050 (IW.2050) mit einem eigenen Fachgespräch Gast auf dem Messestand seines Gründungsmitglieds NHW. Wie Wege zu einer erfolgreichen Wärmewende in der Immobilienwirtschaft aussehen könnten, darüber diskutierten Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. sowie Vorstandsvorsitzender der IW.2050, Dr. Thomas Hain, Leitender NHW-Geschäftsführer und stellvertretender Vorstand der IW.2050, mit Prof. Dr. Nikolas Müller, EBS Universität für Wirtschaft und Recht und Leiter Real Estate Management Institute (REMI). Komplettiert wurde die Runde durch zwei weitere Geschäftsführende großer deutscher Wohnungsunternehmen: Dr. Doris Zoller, Vorsitzende Geschäftsführerin der Münchner Wohnen GmbH, und Samir M. Sidgi, Vorsitzender der Geschäftsführung der SWSG – Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH.
Konsens bestand darüber, dass die Transformation der Wärmeversorgung der Wohnungsbestände der technische Schlüssel mit der größten Wirkung ist, um die Wärmewende in der sozialen Wohnungswirtschaft zum Erfolg zu führen. Leitlinie dabei: Mit geringstmöglichem Mitteleinsatz die größtmögliche Einsparung an THG-Emissionen erzielen, so dass Wohnungsunternehmen finanziell so aufgestellt bleiben, um auch weiterhin ihre Kernaufgaben erfüllen zu können. Bei der praktischen Umsetzung mahnten die Panelteilnehmer allerdings zu enge Fesseln der EU hinsichtlich Taxonomie und EPBD-Richtlinien sowie fehlende Fördergelder an. Für die NHW erklärte Dr. Hain: „Durchmodernisieren ist für uns derzeit kein Thema, da wir einen zu engen Zeitplan haben. Wir gehen deshalb geringinvestiv vor und konzentrieren uns auf die Wärmeversorgung unserer Gebäude. Wir brauchen hier aber eine Subventionierung. Auch eine abgespeckte Variante überfordert uns immer noch zwei- bis dreifach.“
Wir haben unsere Veranstaltungen aufgezeichnet.
Awatree gewinnt hubitation finals
Höhepunkt am Messemontag waren die hubitation finals, die bereits zum dritten Mal am NHW-Stand stattfanden. Seit sieben Jahren bringt der Startup-Accelerator der NHW frische Ideen und etablierte Wohnungsunternehmen praxisorientiert zusammen, um Themen rund ums Wohnen und Arbeiten neu zu denken. Vier Tandems – bestehend aus je einem Startup und einem Wohnungsunternehmen aus dem Netzwerk der hubitation associates – hatten sich mit ihren gemeinsam erarbeiteten Pilotprojekten dem Votum gestellt. Nach einem spannenden Pitch entschied das Startup Awatree den Innovation Contest für sich. Iris Christophers, Leiterin Business Development bei Awatree, hatte ein intelligentes und nachhaltiges Wasserkonzept für Freiflächen vorgestellt und damit die Jury überzeugt. Neben weiteren Einladungen zu großen Branchenevents winkt ein Pilotprojekt mit dem Tandempartner NHW, vertreten durch die Martina Fendt, Leiterin des Freiflächenservice. Moderiert wurden die finals von Frieda Gresch, Head of hubitation, und Nikolas Mück, Innovation & Project Manager hubitation.
Welchen Stellenwert der Accelerator mittlerweile für die Branche einnimmt, zeigt die stetig wachsende Zahl an Unternehmen, die sich als associates anschließen. „Das Tempo an Veränderung ist so brutal schnell und nimmt mit KI und fortschreitender Digitalisierung immer weiter zu“, betonte Klaus Straub, Leiter IT und Digitale Transformation bei der NHW. „Niemand von uns ist in der Lage, das alleine auch nur annähernd im Blick zu behalten. Ein Netzwerk wie hubitation ist die einzige Chance, hier den Kopf über Wasser zu halten.“
KI – Hype oder Gamechanger?
Dass das Thema KI aktuell ein heißdiskutiertes Thema in der Branche ist, zeigte sich am Messedienstag auch am vollbesetzten NHW-Stand. Auf Einladung von Dr. Thomas Hain, Leitender NHW-Geschäftsführer, fanden dort erstmals die sogenannten Lightning Talks zum Thema statt. Welchen Beitrag Künstliche Intelligenz in der Wohnungswirtschaft bereits leisten kann, stellten Experten verschiedener Unternehmen in Blitzvorträgen vor. Klaus Straub, Leiter IT und Digitale Transformation der NHW, erklärte, dass neue Technologien nahezu in allen Unternehmensbereichen des Konzerns Einzug fänden – von der Mieterkommunikation über das intelligente Gebäude- und Wartungsmanagement, die Bauplanung, das Controlling und die Konzernberichterstattung bis hin zu diversen Anwendungen im Backoffice. „Obwohl die Arbeit mit KI-Assistenten oft schon verblüffende Ergebnisse liefert, steht die Technologie noch am Anfang ihrer Entwicklung. Wir werden noch einige Überraschungen erleben“, ist sich Straub sicher.
Nilas Möllenkamp, Senior Key Account Manager syte GmbH, präsentierte eine Software, die mittels KI Bebauungspotenziale und Sanierungsfahrpläne auf Knopfdruck erstellt. Für jedes erfasste Gebäude werden spezifische Kennziffern wie beispielsweise Gebäudefläche und -höhe, Baujahr, Fassadenqualität oder Energieeffizienzklasse ausgegeben – und das deutschlandweit.
Eine weitere KI-basierte Software für effizientes Immobilienmanagement stellte Dr. Nino Paulus, CPO & Founder AlphaPrompt, vor. Die Anwendung generiert und analysiert Daten aus Dokumenten und legt damit den Grundstein für eine erfolgreiche Digitalisierung.
Gefragte Redner
Die Expertise der NHW-Mitarbeitenden war aber nicht nur am eigenen Stand gefragt – auch auf anderen Bühnen waren sie gern gesehene Gäste. So moderierte Sebastian Jung, Leiter des Fachbereichs Digitale Transformation & Innovation, auf der Transform & Beyond Stage der Expo Real die Veranstaltung „Inside Innovation“. Dort stand die Zusammenarbeit von Startups und Unternehmen im Fokus. Die Sustainable Construction Stage – unterstützt von Bau und Expo Real – widmete sich dem dringenden Bedarf an nachhaltigen und effizienten Baumethoden in der sich wandelnden Immobilienlandschaft von heute. In verschiedenen Panels wurde über alternative Baumaterialien, Lösungen für Klimaneutralität und transformative Technologien wie Digitalisierung, KI, Vorfertigung und Automatisierung diskutiert. Für die NHW auf der Bühne: Helge Bitzer, Leiter des Unternehmensbereichs Neubau. Und last but not least sprach Dennis Hofmann, Leiter des NHW-Servicecenters Darmstadt, mit weiteren Experten am DGNB-Stand über Herausforderungen und Chancen nachhaltiger Quartiere. Was sind die Schlüssel auf dem Weg zum nachhaltigen Quartier und wo liegen die Grenzen? Die Gesprächsrunde lieferte Beispiele aus der Praxis und thematisierte wesentliche Veränderungen der vergangenen und kommenden Jahre.
Hessisches Networking
Nach zwei spannenden und informativen Tagen fand zum Ausklang am Messedienstag wieder der traditionelle Hessen-Treff am NHW-Stand statt. Bei leckerem Wein und Spezialitäten durfte munter „gebabbelt“ werden – auch über Nicht-Immobilien-Themen.
Wer es nicht nach München geschafft hat, findet die Aufzeichnungen der Fachgespräche und der hubitation finals auf dem YouTube-Kanal der NHW.